Wir verlassen das Startgelände auf dem Olympischen Platz, laufen die Olympische Straße
hinunter
und erreichen die Reichsstraße, die uns zum Theodor-Heuss-Platz führt.
Auffälligstes Gebäude
dort ist das große Funkhaus des rbb
(Rundfunk Berlin-Brandenburg) an der Masurenallee.
Früher hing noch das Kürzel "SFB" des alten "Sender Freies Berlin" an der Fassade,
der 1954 nach dem Volksaufstand der DDR (1953) als weitere "freie Stimme" der Stadt gegründet wurde.
Bereits acht Jahre zuvor gab es mit dem RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) den
ersten Berliner Hörfunksender, der damals auf Initiative der amerikanischen
Besatzungsmacht ins Leben gerufen worden ist,
so ganz nebenbei von 1979 bis 1990
auch mein Arbeitgeber.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde der RIAS mit dem
Kölner "Deutschlandfunk" zum "Deutschlandradio" zusammengelegt, der SFB fusionierte
2003 mit dem ORB (Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg) zur länderübergreifenden heutigen
Anstalt.
Nach diesem kleinen Ausflug in die Berliner Rundfunkgeschichte biegen wir auf den Kaiserdamm ein
und blicken auch sogleich von einer weit gespannten Brücke hinunter auf Stadtautobahn und ein Bündel
von Bahngeleisen. Eine S-Bahn rattert unter uns hindurch und entfernt sich schnell in südlicher Richtung.
Berlin ist, nur wenige wissen das, nach Hamburg die deutsche Stadt mit den meisten Brücken.
Doppelt so viele wie Venedig, 916 an der Zahl, über Spree, Havel, Panke und diverse Kanäle,
das umfangreiche Schienennetz nicht zu vergessen, das hier und da auch überbrückt oder überbrückt sein will.
Nun geht es unendlich lange immer geradeaus. Der Kaiserdamm ist Teil der
großen Ost-West-Achse, von den Nazis einstmals konzipiert als schnurgerade Prachtstraße mit Überbreite,
die das Stadtgebiet auf 50 km Länge in zwei Hälften teilen sollte.
Geblieben sind vom ehrgeizigen Projekt wie mit dem Lineal gezogene 12 km vom Olympiastadion
bis zum Schlossplatz in der Stadtmitte auf sechs bis acht Fahrspuren.
Wir laufen also auf dieser schönen breiten Allee immer weiter ostwärts - Kaiserdamm - Bismarckstraße - Straße des 17. Juni -
zwischendurch nach 5 km die erste Wasserstelle.
Hier bietet sich uns das gleiche Bild, das wir auch von diversen Stadtmarathons gewohnt sind: Während sich hinten alles drängelt und die Tische leergeräumt sind, sieht man weiter vorne noch nahezu unberührte Reihen von Wasserbechern. Hier zahlt sich Geduld aus und die Bereitschaft, 30 Meter weiter zu laufen.
Irgendwann erreichen wir den Tiergarten,
einen großen Park im Stadtzentrum, der auch gerne
als grüne Lunge der Hauptstadt bezeichnet wird und an Sommerwochenenden zum größten Grillplatz Europas mutiert.
Schon von Weitem hatten wir in den letzten Minuten
die Siegessäule im Blick, die hier selbst die höchsten Bäume weit überragt.
Wer mag, kann sie besteigen und sich von der Aussichtsplattform einen Blick auf das
inzwischen schon mehrere Kilometer lang gezogene Läuferfeld gönnen.
Auch wenn mich diese Möglichkeit reizt, sie würde mich zum jetzigen Zeitpunkt
denn doch zu sehr aufhalten, und ich ziehe es vor, die "Goldelse" nur schnell in
Großaufnahme auf den 1 GB-Chip zu bannen.
Ein paar Minuten später fällt mir ein Fahrrad-Taxi auf, das uns auf dem links von uns liegenden Radweg
ein Stück weit begleitet.
Diese Fahrzeuge sieht man in diesem Teil der Hauptstadt
neuerdings immer häufiger. Sie bieten zwei Passagieren Platz, belasten die Umwelt nicht
mit Abgasen, sind weitgehend regendicht, geben den Kunden Gelegenheit, jederzeit an
sehenswerten Orten anzuhalten und auszusteigen, und halten ihren Fahrer fit.
Eine moderne Form der ostasiatischen Riksha. Die Berliner sind von jeher ebenso
kosmopolitisch wie einfallsreich - in dieser Stadt werden nicht nur Häuser besetzt
und die deutsche Nation regiert - hier werden auch Kultur und Erfindungen gemacht und
alles Interessante mit originellen Namen benannt.
Die Karawane zieht weiter, und bevor es ins Regierungsviertel geht,
passieren wir noch das
sowjetische Ehrenmal direkt an der Straße des 17. Juni, ein paar hundert Meter vor dem Brandenburger Tor.
Die zwei T-34-Panzer am Eingang waren die ersten,
die beim Vormarsch auf Berlin die Stadt erreichten. Im Stadtzentrum um Reichstag und Brandenburger Tor
tobten die Kämpfe am schlimmsten, 20 000 Rotarmisten verloren ihr Leben, 2500 von ihnen sind
auf dem Gelände hinter dem Ehrenmal begraben.
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